Mittwoch, 9. November 2016

Lassen Sie sich nicht über den Tisch ziehen


Wie Sie Ihre Interessen erfolgreich vertreten


Professor Dr. Heinz Ryborz studierte in Berlin Naturwissenschaften und Psychologie. Er war in leitenden Positionen in der Industrie tätig und trainiert heute Führungskräfte im Bereich Persönlichkeitsentwicklung, Kommunikation und Verkauf. Er hat zahlreiche Veröffentlichungen zu verzeichnen und ist Autor von über 20 Büchern, die zum Teil in 10 Sprachen übersetzt wurden.

Heinz Ryborz zeigt in seinem Buch, wie wir mit Menschen umgehen können, die Verhandlungen sabotieren, negative Stimmung verbreiten oder die Verhandlungspartner bewusst unter Druck setzen, nur um ihre eigenen Ziele durchzusetzen. Und dies immer auf Kosten anderer. 

Viele kennen das, bei Versicherungen, bei Banken, bei verschiedensten Käufen und Verkäufen oder auch bei Mitarbeitergesprächen. Viele kennen das Gefühl, welches einem nach so mancher Situation beschleicht. Das Gefühl, dass nicht alles mit rechten Dingen zu ging, das Gefühl übervorteilt worden zu sein. Im Nachhinein ist dies oft, auch unter großem Einsatz, nicht mehr zu drehen.
Dem zu entgehen wäre es gut die spezifischen Techniken zu erkennen und erfolgreich abwehren zu können.

Ryborz Buch gliedert sich in zwei Teile.

  • Teil 1 bringt die Techniken für den Aufbau einer starken Persönlichkeit auf den Punkt. Über die eigene Sicht und Wahrheit, verschiedene Strategien von Gegnern, wissenswertes über Selbstwerte und Selbstvertrauen inclusive seiner Stärkung sowie zu dem bewussten Treffen von Entscheidungen gibt er nötiges Hintergrundwissen, um die angebotenen Taktiken auch bewusst und gekonnt umsetzen zu können.
  • Teil 2 liefert Vorgaben für eine zeitgemäße Rhetorik und Dialektik. Der
    Autor beginnt mit den Bausteinen zur modernen Eristik und Dialektik, geht über eigene Fehlschlüsse, effiziente Fragetechniken, beleuchtet unfaire Methoden und endet mit Strategien, Taktiken sowie Tricks.


Es ist ein Buch, welches viel Wissen vermittelt. Besonder im ersten Teil kommen Heinz Ryborz Psychologiekenntnisse zum Tragen. 

Das eigene Ich zu stärken ist der erste Weg zu einer aktiven und situationsangemessenen Kommunikation. Dazu kommen wirksame Fragetechniken und das Wissen um mögliche bewusst schädigende Rhetorik-Techniken meines Gegenübers.

Es werden Checklisten an die Hand und immer wieder konkrete Praxistipps gegeben. Mit zahlreichen Beispielen verdeutlicht der Autor das Gesagte.
Die einzelnen Kapitel sind aufbauend aneinandergereiht. Am Ende appelliert Heinz Ryborz, das gelesene nicht blind einzusetzen. Er stellt das Beobachten und Üben in den Vordergrund, ohne dass das vermittelte Wissen nicht seine Wirkung erzielen kann. Nun liegt es an jedem Leser selbst, was er daraus macht.
„Eristik (von gr. Eris, Streit, Zwietracht, bzw. der Göttin Eris) ist die Kunst des Streitens und Debattierens mit dem Ziel, Recht zu behalten um des Rechtbehaltens willen.“

Für mich impliziert das Buch, das heute die meisten Menschen immer wieder betrogen, benachteiligt, übervorteilt werden. Sicher ist das dem einen oder anderen bereits passiert, oder man hatte im Nachhinein das Gefühl, es wäre so.


Natürlich hat Ryborz recht, wenn er sagt: „Interessenskonflikte werden heute schärfer und bissiger ausgetragen denn je.“

Daher bin ich der Überzeugung, dass es wichtig ist, die beschriebenen Methoden zu erkennen und abwehren zu können. Diese aber bewusst selbst anzuwenden, nur um meinen Willen durchzusetzen – für mich – sehr fragwürdig. Wird damit nicht Fairness überhaupt verdammt?
Ist es nicht wichtiger, eher positiv und offen auf unsere Mitmenschen zuzugehen, statt diese stets mit Argwohn zu betrachten? Dem Argwohn, der andere will mich eh nur betrügen?

Der Autor meint: „Vergessen Sie Win-Win“

in seinem Praxistipp. "… Sie werden nur dann ein gutes Ergebnis erreichen, wenn sie den festen Willen dazu haben, zu gewinnen.“. Später heißt es, dass beide Verhandlungspartner mit einem guten Gefühl rausgehen, wenn sie das Beste erreicht haben. Geht es beim klassischen Win-Win nicht genau um dieses Gefühl? Es geht doch darum, zu wissen, was man will und zu erreichen, was dazu nötig ist, jedoch ohne „Leichen“ zu hinterlassen. OK – zumindest für mich.

Toll finde ich das Erkennen und Aufbauen eines selbstbewussten Ich’s. Auch die Vermittlung von Fragetechniken für eine bessere zwischenmenschliche Kommunikation ist unverzichtbar. Das Aufdecken möglicher Psychotricks und das Aufzeigen einer funktionierten Abwehr sind unumgänglich und gelungen.

Ich gehe davon aus, das Heinz Ryborz nicht die Absicht hatte und hat, dem Leser die Erlaubnis für den bewussten Betrug zu geben, den er selbst mit Sorge betrachtet.


Dieses Buch kann jedem helfen, der sich bei Gesprächen, Verhandlungen oder gar Präsentationen behaupten will.